Mit Riesenschritten naht die Fußballeuropameisterschaft. Daher zügig weiter mit unserer Serie „EM-Orte, die Sie heuer wohl nicht besuchen werden“. Heute widmen wir uns einer geschichtsträchtigen spanischen Stadt. Für Fans heißt es freilich: kein Barbier von Sevilla.
Ursprünglich sollten die beiden Gastgeberstädte der Gruppe E Bilbao und Dublin heißen. Beide Metropolen mussten coronabedingt passen, stattdessen sprangen St. Petersburg und Sevilla ein. Da ersteres Örtchen an dieser Stelle bereits üppig beschrieben wurde, können wir uns heute in aller Ausführlichkeit der andalusischen Stadt Sevilla widmen.
Sevilla wurde der Sage nach vom griechischen Helden Herakles gegründet, der italienische Komponist Giachino Rossini versetzte die Stadt mit seinem „barbiere di Sivglia“ in die höchste Liga der internationalen Opernschauorte. Die Fußballfans werden heuer freilich kaum Gelegenheit haben, bei einem örtlichen Barbier Haare zu lassen oder sich an der Theke einer liebreizenden Kaschemme das Barbier schmecken zu lassen.
Auch die Handlung einer weiteren weltberühmten Oper ist in Sevilla angesiedelt: Die liebreizende Carmen lebte, liebte und hauchte hier ihr junges Leben aus. Lange vor dem Siegeslauf des Fußballs war in Andalusien ein anderes Freizeitvergnügen Trumpf: der Stierkampf. Buntgewandete Picadores und Banderilleros hetzten dereinst wütende Stiere in überfüllten Arenen in den Tod. Bei aller berechtigten Skepsis von Tierliebhabern erzeugt dieses Bild in manchem österreichischen Fußballfangehirn angesichts der erdrückenden Dominanz der Salzburger Bullen die eine oder andere wohlig-nostalgische Assoziation!
Den örtliche Super-Hero des Stierkampfs nannte man „Lokalmatador“. Diese Bezeichnung hat sich auch im Fußballjargon eingenistet und zielt auf den vor Ort ansäßigen Publikumsliebling ab. In Gruppe E hat diese Rolle selbstverständlich Spanien inne. Der Europameister von 2008 und 2012 wird sich in Sevilla der Reihe nach die Kollegen aus Schweden, Polen und der Slowakei zur Brust nehmen. Gut möglich, dass das favorisierte iberische Team seine Gegner ordentlich rasieren wird – womit der „Barbier von Sevilla“ dann doch noch seine Auferstehung feiern würde…