Was macht der durchschnittliche – nach den Siegesfeierlichkeiten wieder ins Leben zurückgekehrte – österreichische Fußballfan? Richtig, er beobachtet bereits jetzt mögliche Achtelfinalgegner. So wahnsinnig viel bekam er da gestern aber gar nicht zu sehen, trotzdem aber durchaus Überraschendes.
Am Nachmittag ging es noch halbwegs normal los. Dass sich die Tschechen gegen die Schotten durchsetzen würden, konnte man im Vorfeld noch erwarten. Das gelang schließlich auch mit 2:0, wobei Doppeltorschütze Patrik Schick wohl bereits in dieser frühen Phase des Turniers für das Tor des Turniers gesorgt hat. Nach Ballverlust der Schotten bekam er an der Mittellinie den Ball, der schottische Goalie übte gerade 20 Meter vor dem Tor eine neue Rolle als Abwehrchef und konnte nur mehr zusehen, wie der scharfe und präzise 50-Meter Schuss von Schick über ihn hinweg ins Tor segelte. Einfach nur zum Genießen!
Was haben wir unser Team nach dem erbärmlichen 0:0 gegen die Slowakei in der Vorbereitung nicht alles geheißen? Nun haben die Slowaken die wesentlich höher eingeschätzten Polen mit 2:1 geschlagen. Wir lernen: Ein Lewandowski macht noch kein Sommermärchen!
In der dritten Partie war die Vorfreude auf das erste Antreten der Spanier gegen Schweden groß. Jetzt bin ich schon unter normalen Umständen kein großer Freund des Tiki-Taka. Mich erinnert das immer an die archaische spanische Tradition zuerst Kühe zu Tode zu hetzen und kurz bevor sie von selber umfallen, kommt der mutige und heroische Torero und sticht die armen, zitternden und ausgelaugten Tiere ab. Anschließend wird er als großer Held gefeiert (das sollte übrigens einmal David Alaba in einer Pressekonferenz sagen und dann ins Trainingslager bei Real Madrid einrücken). Ähnlich ergeht es normalerweise den Gegnern der Roten Bestie. Wenn vom ewigen Hinterherlaufen nur mehr blau-rote, konzentrische Kreise vor deren Augen tanzen, kommt ein Morata, ein Moreno, oder sonst ein Feigling mit M und schiebt den Ball über die Linie.
Gestern gegen Schweden war La Furia Roja bestenfalls ein gezähmter Hausdrache, das berühmte direkte Kurzpassspiel ein langweiliges Altherren-Kicksi-Kacksa. Wenn das Fußballspiel so gelaufen wäre, wie Fußballspiele normalerweise laufen (die Tore die man nicht schießt bekommt man), dann hätte Spanien die Partie auch noch verlieren können, denn die Schweden hatten vor der Pause eine riesige Tormöglichkeit. Ich räume allerdings ein, dass sich meine Expertise nur auf 60 bis 65 Minuten des Spiels bezieht, den Rest habe ich einfach verschlafen.