EM-Spieltag 8: Erst wird gerechnet, dann gespielt

Noch zwei Tage nach Österreichs Auftritt in den Niederlanden beschäftigt uns die völlig gerechtfertigte Niederlage unseres Teams in Amsterdam. Zwei Kerntugenden helfen uns Fußballfans die furchtbaren Tage des Wartens auf das Entscheidungsspiel gegen die Ukraine zu überbrücken: Erstens: Wir müssen an alles glauben. Zweitens: Wir müssen mit allem rechnen.

So gesehen diente der gestrige Turniertag als nettes, ein bisschen langweiliges, temporäres Wartezimmer. Die Battle of England erwies sich leider nur als Scharmützel, der laue Auftritt Kroatiens und der knappe Sieg Schwedens waren auch nicht dazu angetan uns nachhaltig aus unseren tiefsinnigen mathematischen Denkvorgängen zu reißen.

Eine der größten Trainerlügen lautet folgendermaßen: „Wir schauen nicht auf die Punkte, rechnen nicht und konzentrieren uns ausschließlich auf die kommende Partie“. Diese tausendmal gehörte Aussage erinnert an den ebenso falschen Stehsatz der Politiker: „Wir denken nicht über künftige Koalitionen nach. Erst wird gewählt, dann gezählt, dann verhandelt!“

Ich jedenfalls verwende gegenwärtig einen Großteil meiner Gehirnkapazität damit, mich mit den Konstellationen zu beschäftigen, die Österreich trotz einer Niederlage, unter Umständen auch hohen Niederlage, gegen die Ukraine zum Sprung ins Achtelfinale verhelfen. Versteht mich nicht falsch, ich traue unseren Mannen durchaus weitere Punkte zu, aber sicher ist sicher.

Also, es läuft folgendermaßen: Verlieren wir am Montag, kann uns der dritte Gruppenplatz nicht mehr genommen werden, denn Nordmazedonien könnte uns trotz eines Sensationssieges gegen die Niederlande nicht mehr überholen, da zwischen zwei punktegleichen Teams die direkte Begegnung zählt. Als Gruppendritter müssten wir bange auf die anderen fünf Gruppen schielen, aus denen mindestens zwei Gruppendritte höchstens zwei Punkte machen dürften. Gegenwärtig wissen wir bereits, dass wir – ohne einen Ball zu berühren – schon aufsteigen würden, wenn sowohl die Schweiz am Sonntag gegen die Türkei unentschieden spielt als auch die Partie Schottland gegen Kroatien ein Remis bringt. Den Gesetzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung nach stehen die Chancen dafür, dass Beides eintritt, bei immerhin knapp 10 Prozent. Dann könnten sich auch noch zusätzliche Möglichkeiten ergeben: Ungarn gewinnt gegen Frankreich nicht und Deutschland spielt zweimal Remis. Und/oder: Spanien spielt gegen Polen unentschieden und verliert später gegen die Slowakei, während Polen den Schweden unterliegt. Die Wahrscheinlichkeit hierfür auszurechnen, wird mich freilich das ganze Wochenende in Anspruch nehmen…

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