Das Gewitter, das vor dem vorentscheidenden EM-Spiel Polen gegen Österreich in Berlin niederging, hatte überhaupt keine Auswirkungen auf das Spiel. Das Gewitter, das zu Matchbeginn im Nördlichen Waldviertel niederging, hingegen schon. Zumindest für unsere kleine, aber feine Private Public Viewing-Runde. Man konnte sich dadurch nicht wie geplant im idyllischen Naturgarten des Hausherrn aufhalten, sondern musste die Show im Wohnzimmer belassen, was für die letzten verbliebenen Raucher einer menschenrechtswidrigen Folter gleichkam. Viel schlimmer aber war, dass sich der Satellitenempfänger durch das Gewitter gestört fühlte und seinen Dienst versagte. In aller Eile musste auf den Live-Stream umgerüstet werden, dann konnte es aber los gehen.
Und das österreichische Team legte auch gleich los, wie die Feuerwehr. Wie wir das schon bei den letzten Spielen beobachten konnten, setzte man den Gegner ständig unter Druck, presste, kämpfte, spielte. Der Lohn der Rackerei war der Führungstreffer in der 9. Minute. Mwene erkämpfte den Ball auf links, seine präzise Flanke mit seinem linken Revuebeinchen setzte Gernot Trauner per Kopf wuchtig in die Maschen. Was man aber auch schon in den letzten Spielen beobachten konnte, ab Minute 20, 25, fielen die Österreicher zurück, wurden unsauber im Passspiel und ließen die Polen vollkommen unnötigerweise aufkommen. Man spürte förmlich den Druck ob dieser wichtigen Partie auf den Schultern der Spieler lasten, und das wirkte sich auch auf deren Beine aus. Die logische Folge war ein eher billiger polnischer Ausgleich nach einer halben Stunde. Die Österreicher hatten zwar noch eine hervorragende Konterchance, aber sonst hatte man das Gefühl sie waren heilfroh mit diesem Ergebnis in die Pause gehen zu können. Man musste sich tatsächlich Sorgen machen!
Doch dann wendete sich das Blatt. Das Gewitter zog vorüber und die Fernsehrunde konnte in den Garten übersiedeln. Und dann ging sogar die Sonne auf, nämlich in der 66. Minute. Ein kluger Seitenwechsel von Seiwald auf Prass, der spielte einen scharfen Pass aus dem Halbfeld Richtung Strafraum, Arnautovic ließ perfekt für Baumgartner durch und unser Topscorer der letzten Spiele versenkte die Kugel aus 15 Metern Entfernung im rechten Eck. Die Hausfrau kreischte, der Hausherr rülpste zufrieden, die ganze Fernsehrunde jubelte und applaudierte. Arnautovic hatte bewiesen, dass er auch ein genialer Fußballer ist, wenn er den Ball gar nicht berührt und Baumgartner schüttelte seine Verunsicherung der ersten Halbzeit ab und erlöste eine ganze Fußballnation. Sein erster Jubelweg führte ihn zu seinem Trainer Ralf Rangnick, der wieder einmal alles richtig gemacht hatte, um ihm für seine aufbauenden Worte in der Halbzeit zu danken. Auch der Trainer flüsterte seinem Lieblingsschüler Zärtlichkeiten ins Ohr. Was genau, das bleibt das Geheimnis der beiden.
Die Polen wirkten jetzt angeknockt! Wimmer vergab das 3:1, aber in Minute 77 wurde ein 50 Meter-Abschlag von Goalie Pentz von Arnautovic, oder vom von ihm hart bedrängten Verteidiger in den Lauf von Sabitzer verlängert. Der lief allein auf das Tor zu, setzte vor dem Weltklassetormann Szczesny zu einem Haken an, konnte ihn aber nicht vollenden, weil er vom Goalie unfair daran gehindert wurde. Elfmeter! Marko Arnautovic trat an, der Fernsehrunde stockte kurz der Atem, weil man vom Enfant terrible des österreichischen Fußballs irgendwelche unnötigen Spompanadeln befürchtete. „Ihr ungläubigen Thomasse!“, mag dieser gedacht haben und versenkte den Strafstoß eiskalt in dem Eck, das der Tormann nicht erraten hatte.
Jetzt waren die Polen ausgeknockt! Will man jetzt noch ein Haar in der Suppe finden, dann das, dass die Österreicher nicht 4:1 oder 5:1 gewonnen haben. Die Chancen durch Posch und Laimer wären da gewesen. Bei dieser engen Gruppenkonstellation kann aber das Torverhältnis auch noch über den Aufstieg ins Achtelfinale entscheiden. Die drei Punkte können reichen, müssen aber nicht. Erfreulich aber, Österreich ist mittendrin statt nur dabei und kann nun in ein paar Tagen mit einem Punktegewinn gegen die Niederlande den Aufstieg endgültig fixieren. Und dass die Holländer auch nur mit Wasser kochen, sah man im Anschluss beim eher enttäuschenden 0:0 gegen Frankreich.