„Smart 10“ und „Smart 11“

Österreich hat auch das letzte EM-Qualifikationsspiel in Estland erfolgreich absolviert. Die Rangnick-Elf zeigte sich diszipliniert, spielfreudig und smart.

Allen Fußballfans, die sich knapp vor Anpfiff des Spiels im ORF 1- Kanal verirrt hatten, wurde erneut drastisch vor Augen geführt, dass deren Gebührenleistung nicht automatisch mit der Abdeckung elementarer Konsumbedürfnisse, wie zum Beispiel der öffentlich-rechtlichen Ausstrahlung von Fußballländerspielen, verbunden ist.

„Smart10: Das Quiz mit den zehn Möglichkeiten“, ein belanglos-heiteres Raten mit Multitalent, Musical- und Selbstdarstellerin Caroline A., stand dort auf dem Programm. Die „Smart 11“ hingegen, also die Kicker unseres Fußballteams, waren nur im Privatfernsehen zu bewundern.

Die Le Coq Arena zu Tallin war der finale Ort der Qualifikationsverrichtung. Unser Team hatte ja durch eine Ansammlung mehrerer mitreißender und einiger trocken verwalteten Partien schon vorzeitig das Ticket für die EM in Deutschland sichergestellt. Die Fans im Vorfeld schwankten also zwischen der Befürchtung, dass unser Team vielleicht zu wenig spielerische Spannkraft für das (relativ) bedeutungslose Bewerbspiel aufbringen könnte, und der freudigen Erwartung auf ein attraktives Schaulaufen. Nun, es wurde eher Zweiteres als Ersteres! Der 2:0-Sieg stellte zwar keine Sternstunde des österreichischen Fußballs dar, zeigte aber die fortgeschrittene Reife der Rangnick-Elf. Anders als in früheren Zeiten brachte Österreichs Nationalmannschaft ein erfolgreiches Qualifikationsturnier auch sauber und gut zu Ende. Man kann dies durchaus auch als Verbeugung vor den Fans sehen, insbesondere auch vor jenen 600, die bis zu 21 Stunden Busanreise in Kauf nahmen, um live dabei zu sein.

Nur einmal, als der estnische Sportskamerad Sinyavskiy in Minute 5 den Ball im Stile eines Football-Kickers über unser leeres Tor drosch, schien unser Team gefährdet, dann lief alles souverän ab. Man erspielte sich Chance um Chance und bot (wie beim Führungstreffer) auch den einen oder anderen anmutigen Spielzug. Für die Tore sorgten Conny Laimer und Philipp Lienhart, der sich mit seinem ersten Länderspieltreffer ans untere Ende der österreichischen Rekordtorschützenliste setzte.

Ganz oben auf dieser Liste steht ja nach wie vor unser legendärer Toni, der aber offensichtlich seinen Polster auf die nachrückenden Scorer allmählich dahinschwinden sieht. Daher hat er seiner persönlichen Verdrossenheit öffentlich Ausdruck verliehen. Der Zeitpunkt ist günstig gewählt, wir alle haben ja derzeit überhaupt keine anderen Sorgen. Man habe, so Polster und sein Staranwalt, der im Laufe seiner langen Karriere auch schon in geringfügig brisanteren Rechtsunstimmigkeiten agiert hat, dem Rekordtorschützen drei Tore vorenthalten. Man müsse seinen 44 Treffern auch noch einen Doppelpack gegen Liechtenstein im Jahre 1984 und einen Treffer im Laufe einer Begegnung nahe einer tunesischen Oase anno 1987 hinzurechnen. Seit Jahrzehnten gut informierte Medien machen aber glaubhaft, dass sich die Spielmodalitäten und Regelvereinbarungen der betreffenden Begegnungen außerhalb der allgemeingültigen UEFA-Bestimmungen bewegten. So wurde zumindest bei einer der beiden besagten Spiele dem Vernehmen nach wild ein- und ausgewechselt, ein Spieler kam nach seinem Austausch sogar erneut in die Partie. Lieber Toni, vergiss bitte eines nicht: ein Rekord ist nur dann etwas wert, wenn er auf international vergleichbaren Parametern basiert. Wer weiß, wie viele Tore sonst einem Uridil oder Bimbo Binder aus Begegnungen in grauer und nur mehr vage nachvollziehbarer Vergangenheit nachgebucht werden könnten? Machen wir in dieser Hinsicht kein neues Fass auf. Vielleicht käme sonst einer auf die Idee, dass nur Tore gegen gegenwärtig noch existierende Staaten zählen. Dann müsste womöglich dein historischer Triple-Torerfolg gegen die DDR aus dem Jahre 1989 aus den Rekordlisten gelöscht werden. Lassen wir es also lieber wie es ist!

Noch einmal zurück zur EM-Qualifikation: Österreich hat ja sogar noch die theoretische Chance auf den Gruppensieg. Hierfür müsste Belgien am Sonntag im Heimspiel gegen Aserbaidschan Punkte liegen lassen. Dafür wiederum bedürfte es einer Jahrhundertleistung des Außenseiters. Dass so etwas nicht völlig utopisch ist, bewies Aserbaidschan durch einen sensationellen 3:0-Sieg gegen Gruppengegner Schweden. Ob solch eine Megaüberraschung wenige Tage später wiederholbar ist, muss allerdings hinterfragt werden.

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