Ganz ehrlich, was haben wir eigentlich geglaubt? Nur weil wir die mit Abstand schwächste Mannschaft des Turniers im ersten Spiel geschlagen haben, haben wir geglaubt, dass wir gegen die Niederlande auch nur in die Nähe eines Punktes kommen? Nehmen wir das schmeichelhafte 0:2 ohne viel Gekreische hin, lernen wir von den Niederlanden, wie man effizient verteidigt und wie man eine durchschnittliche Abwehr aushebelt. Hoffen wir auf die Entscheidungspartie gegen die Ukraine und auf Marko Arnautovic.
Das war gestern ganz normaler Fußballalltag, außer vielleicht, dass uns die Holländer noch um drei bis vier Tore mehr schießen hätten müssen. Was allerdings immer wieder irritiert sind die Interviews der Spieler nach den Spielen. Alle – von Ulmer bis Hinteregger – waren der Auffassung, dass wir es eigentlich ganz ordentlich gemacht haben. Nein, haben wir nicht! Spektakuläre Aussetzer in der Abwehr (wie in jedem Spiel der jüngeren Vergangenheit) und im Sturm träge und dröge, als ob unserer Mannen direkt von einem Amsterdamer Coffee-Shop zum Spiel angereist wären.
Warum geht die Schere der Spieler bei Eigen- und Fremdbild so weit auseinander? Dürfen sie sich keine anderen Spiele anschauen? Ich kenne kaum eine Mannschaft bei der EURO, die so langsam und behäbig nach vorne spielt (Bravo, Roman Mählich, der das schon während des Spieles erkannt und – das größere Verdienst – es auch ausgesprochen hat). Und da reden die Spieler nach dem Spiel von einem mutigen Auftritt. Oida! Der letzte Rettungsstrohhalm heißt Marko Arnautovic, weil der scheißt sich ja bekanntlich nix!
Und dass ein Spieler mit Klasse und Präsenz den Unterschied ausmachen kann, hat man gestern auch bei Dänemark gegen Belgien gesehen. Kevin De Bruyne kam in der zweiten Halbzeit und innerhalb von 25 Minuten war das Spiel nicht nur durch einen Assist von De Bruyne ausgeglichen, sondern er hatte selbst auch noch die Belgier bereits zum Sieg geschossen. Die Latte liegt hoch, Marko!
Im dritten Spiel des Tages machte uns die Ukraine natürlich nicht den Gefallen Punkte gegen Nordmazedonien abzugeben. Apropos Nordmazedonien: Ein Wort noch zur Arnautovic-Sperre, die im Großen und Ganzen gerechtfertigt war. Mich interessiert ein Aspekt, der in den Medien zu kurz gekommen ist, wahrscheinlich ist das Eisen zu heiß, weil die Menschen nicht zwischen Patriotismus und Nationalismus unterscheiden können. Was bewegt einen Fußballverband, wie den Nordmazedoniens, nachdem sich die Kontrahenten entschuldigt, ausgesprochen und versöhnt hatten, trotzdem noch Anzeige zu erstatten und darin die „härteste Strafe“ für Arnautovic zu fordern. Sportlich war das Spiel verloren. Den Gruppengegner für folgende Aufgaben zu schwächen oder aus einem reinen, puren Gerechtigkeitsgedanken, diese Gründe erscheinen mit wenig glaubwürdig. Vielleicht liegt es schlicht daran, dass es im Nordmazedonischen Verband einfach zu viele Arschlöcher gibt. Ich bin froh, dass der ÖFB dieses Spiel nicht mitgespielt hat, es wurde zwar darauf hingewiesen, dass Alioski auch geschimpft hätte, aber es wurde keine Anzeige eingebracht. Nachdem der Rassismusvorwurf vom Tisch war, hätte man Alioski ebenfalls aus denselben Gründen wie Arnautovic sperren müssen. Und eben dieser Alioski erzielte gestern in einem Spiel ein Tor, bei dem er gar nicht mitspielen hätte dürfen.
Farnberger & Simon nominieren nun offiziell den Nordmazedonischen Fußballverband für den von ihnen gestifteten Unfairness-Pokal 2021.