„Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Fußballherz zum Fußballherzen findet…“! Jede Krise böte auch eine Chance, hört man in diesen dunkeln Corona-Zeiten allerorts. Zumindest bietet sie die Möglichkeit, gewisse Dinge einer näheren und ausführlicheren Betrachtung zu unterziehen. Schält man seine Beziehung zur Lebenspartnerin nach einer mehrwöchigen Quarantäne einmal aus dem schillernden Gewand der ersten Verliebtheit und aus dem wärmenden Mantel des darauffolgenden respektvollen und reifen Gefährtentums, zeigt sich sehr deutlich, ob eine tragfähige Verbindung mit dem geliebten Menschen auch weiterhin noch möglich erscheint, oder nicht.
Habe ich meine Lebenspartnerin in vorangegangenen Texten als Fußballfanfrau tituliert, muss ich sie leider – nach den Erkenntnissen einer strengen Corona-Evaluierung – zur vermeintlichen Fußballfanfrau degradieren. Bitte nicht falsch verstehen, ich liebe sie trotzdem, aber eine wichtige Säule des gegenseitigen Vertrauens, immerhin, ist weggebrochen.
In der alten Normalität, also in der normalen Normalität, ist einem das nicht so stark aufgefallen. Man umgab sich bei den Provinzfußballbesuchen mit den immer selben verlässlichen Experten und mit Bier. Die – wie sich jetzt herausstellt – nur aus einer gewissen verliebten Gefälligkeit mitgekommene vermeintliche Fußballfanfrau, fiel nicht weiter auf, außer vielleicht durch putzige Fragen, die anfangs ihrem prächtigen Humor zugeschrieben werden konnten: „Was ist ein Pass?“ oder „Hat der Schiedsrichter eigentlich für jeden Spieler eine Gelbe und eine Rote Karte mit?“. Da hätte es mir schon auffallen müssen!
Als Rapid-Fan geht es mir ja jetzt gut, seit Wochen habe ich keine Niederlage durchleiden müssen und kann mich an den Erfolgen vergangener Jahrzehnte über Mediatheken und Streamingdienste delektieren. Absolutes Highlight: Rapid – Feyenoord Rotterdam, 3:0, Rückspiel Europacup-Halbfinale 1996. Es wäre der vermeintlichen Fußballfanfrau keine Perle aus der Corona gefallen, hätte sie sich das Spiel mit mir angesehen und sich ein wenig mit mir gefreut. Stattdessen murmelte sie etwas von vergeudeter Lebenszeit. Vergeudete Lebenszeit? Nach vielen Wochen Quarantäne und ein Ende ist – trotz aller Lockerungen – nicht abzusehen? Vergeudete Lebenszeit? Nicht einmal dem Bluterguss unter dem linken großen Zehennagel beim Herauswachsen zuzusehen, wäre im Moment vergeudete Lebenszeit!
„Liebe ist die Corona des Seins; wie sollte da das Leben nicht untertan sein?“ Ach, leck mich, Dostojewski, du hattest auch keine Ahnung vom Fußball!