Wenn der Vater mit dem Sohne – Teil 2

Heute ist es so weit! Der große FIFA 20-Online-Battle des Tages im Rahmen der Waldviertler Corona-Trophy steigt heute. Vater gegen Sohn, Erfahrung gegen Power, List gegen Tücke! Nachdem ich die obligatorische Mitgliedschaft bezahlt hatte, musste ich noch der „Online-Lobby“ meines Sohnes beitreten, damit er mich zu einem Spielchen aus seinem Domizil „einladen“ konnte.
„Bist du bereit, alter Mann?“, schallte es aus meinem Headset.
„Aber immer doch, grüner Jüngling!“, gab ich selbstbewusst zurück und im selben Augenblick ertönte der Anpfiff. Es war ungewohnt meinen Sohn nur zu hören und nicht zu sehen. Während ich noch dem sentimentalen Gedanken nachhing, dass sich das krähende Stimmchen der „kleinen Kröte“ (siehe Farnberger, Simon, Beruf: Fußballfan, Molden-Verlag, Wien, 2005) seit dem letzten Duell in ein sehr männliches, sonores Sprechorgan verwandelt hatte, schlug es in meinem Kasten bereits zweimal ein.
„Spielst du eigentlich mit, alter Mann?“, ertönte es besorgt aus meinen Kopfhörern.
Als es mir gelang mich wieder auf das Spiel zu konzentrieren, wurde mir schmerzhaft bewusst, dass ich durch dieses Spiel an zwei verschiedenen Orten meiner gefährlichsten Waffen beraubt war. Es war praktisch unmöglich den Gegner bei Torabschlüssen anzurempeln, oder im geeigneten Augenblick überhaupt von der Couch zu stoßen. In kritischen Situationen laut in das Mikrophon zu brüllen, brachte nichts ein, außer kränkende Schmähungen von der anderen Seite.
Auch die Möglichkeiten meiner psychologischen Kriegsführung hatten sich im Laufe der Jahre genau so empfindlich abgenutzt, wie meine väterliche Autorität. Was sollte ich einem 25-jährigen noch androhen? Hausarrest? Fernsehverbot? Sperre des Taschengeldes? Vielleicht Alkoholverbot, Rauchverbot, Bumsverbot? Es ist eine Tragödie!
Das Spiel war zu Ende, das Ergebnis tut nichts zur Sache, die Angelegenheit war geklärt.
„Musst halt noch a bisserl üben, alter Mann!“
Ich hatte bereits 15 Jahre geübt, verdammt, und ich werde es auch noch weitere 15 Jahre tun. Wir sehen uns wieder, mein Freund, und zwar mit FIFA 35! Nein, das ist nicht kindisch, das nennt man Jungbleiben. Selbst der Zahn der Zeit beißt manchmal auf Granit! Außerdem schwingt hier meine große Hoffnung mit, dass es dann bereits einen weiteren Knaben geben wird, der meinem präpotenten Ableger wiederrum die Grenzen aufzeigen wird. Ich halte Sie auf dem laufenden!

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