Der Kranz, den ich hier an dieser Stelle dem neuen Teamchef Alexander Schriebl bei seinem Amtsantritt aus Vorschusslorbeeren gewunden habe, dürfte ihm doch um eine Nummer zu groß sein und scheint ihm über die Augen zu rutschen. Warum diese harsche Kritik zu diesem frühen Zeitpunkt? Hat er doch einen Pflichtsieg gegen die Schottinnen verbucht und dreimal gegen – auf dem Papier – übermächtige Gegnerinnen verloren. Ja eh, aber die Art und Weise gibt Anlass zur Sorge und ich sag es lieber gleich, damit es nachher nicht heißt, ich hätte nichts gesagt!
Während Schriebls Spielweise in allen Medien von Ost nach West gelobt wird und begeistert von 20 hervorragenden Minuten in den Niederlanden und von gar schon 30 außergewöhnlichen Minuten in Altach, wieder gegen die Niederländerinnen, geschwärmt wird, lautete das Ergebnis beide Male 1:3. Also, Erfolge sind das keine und deshalb sehe ich die Sache wesentlich differenzierter.
Erschöpfendes Harakiri-Angriffspressing
Schriebl hetzte seine Spielerinnen beim Heimspiel gegen die Niederlande die ersten 30 Minuten in ein Kräfte raubendes Harakiri-Angriffspressing, mit dem Ergebnis, dass sie in der zweiten Halbzeit einen Aktionsradius hatten, wie die sprichwörtliche Oktoberfliegen. So kann man nicht gewinnen und schon gar nicht gegen ein so intelligentes, wie ausgebufftes niederländisches Team. Sogar in der besten Phase der Unsrigen brauchten die Niederländerinnen gerade einmal 70 Sekunden, um die frühe Führung der Österreicherinnen aus der 9. Minute auszugleichen. Und da braucht man nicht das zweite Lieblingswort „unglücklich“ (das erste ist „heikel“) des Kommentators Oliver Polzers zu bemühen, weil der Torschuss abgefälscht war. Vorher wurde das österreichische Team im Mittelfeld nach allen Regeln der Kunst ausgespielt. Ein Steilpass, ein Querpass, neben der Torschützin standen noch zwei Gegnerinnen rund um den Sechzehner mutterseelenallein, so what? In der 50. Minute hätte es bereits 1:4 stehen können, in der 60. Bereits 1:6 und so weiter. Am Ende war man mit dem 1:3 noch gut bedient.
Mit dieser Taktik, lieber Alexander Schriebl, die – zugegeben – dreißig Minuten lang mitreißende Aktionen ermöglicht, werden wir gegen Spitzenmannschaften keinen Blumentopf gewinnen und dort bleiben, wo wir gegenwärtig vom Spielvermögen her auch sind, nämlich zweitklassig. Nur zur Klarstellung: Es liegt nicht an der mangelnden Fitness der Spielerinnen, kein Team dieser Welt könnte dieses Tempo über 90 Minuten durchhalten.
Zwei weitere Niederlagen
Nach den zwei Niederlagen gegen die Niederlande in diesem Nations League-Doppel, erlitt das österreichische Frauenteam bereits vor dem ersten Spiel eine weitere Niederlage. Die Auswärtspartie gegen die Niederländerinnen fand natürlich zeitgleich mit dem Bundesligaschlager Sturm Graz gegen Rapid statt. Auf die mangelnde Wertschätzung des Frauenfußballs hingewiesen, rechtfertigte sich die Bundesliga reflexartig mit dem Einhalten von Fernsehverträgen. Ja eh, als ob man keine Verträge abschließen könnte, die so etwas ausschließen.
Die vierte Niederlage betrifft das gestrige Heimspiel. Warum verzichtet der ORF großzügig auf das großartige und äußerst kompetente Moderator*innenteam rund um Elisabeth Tieber, Daniel Warmuth, Viktoria Schnaderbeck und Lisa Makas und belästigt uns stattdessen mit Oliver Polzer und Helge Payer? Bei allem sichtbaren Bemühen der beiden weht hier der gönnerhafte Geist einer längst überwunden geglaubten fußballerischen Mansplaining-Ära durch die Moderation. Das ist heikel, lieber Oliver! Helge Payer hielt sich diesmal wenigstens mit unfreiwilligen Pointen zurück, während Oliver Polzer bereits nach 9 Minuten sämtliche Superlative seines Wortschatzes verbrannt hatte. Macht nix, er brauchte sie ohnehin mit Fortdauer des Spieles immer weniger.
Tja, lieber Alexander Schriebl, lieber ORF und liebe Bundesliga, viel gibt es momentan zu tun im Frauenfußball innerhalb und außerhalb des Spielfeldes. Aber wir sind Fußballfans, vor allem der österreichischen Nationalteams! Die Hoffnung ist Teil unserer DNA und deshalb sind wir zuversichtlich, dass wir gegen die Schottinnen am 30. Mai den dritten Platz in unserer Gruppe absichern um wenigstens in die Play Off-Spiele um den LIGA A-Verbleib zu kommen.