
Selbstfaller! Slapstick! So schreit es einem heute am Tag nach der bitteren Niederlage gegen Serbien aus allen Gazetten entgegen. Ich muss gestehen, dass auch mir zuerst diese beiden Wörter in den Sinn gekommen sind, nachdem das Spiel in Belgrad mit einem 2:0-Sieg für Serbien abgepfiffen wurde. Ja, das nicht erreichen der Nations League A-Gruppe war ein Selbstfaller! Und ja, es war eine Slapstickeinlage unseres Torhüters, bei der aber nur die Serben herzlich lachen konnten!
Im Wohnzimmer hatte sich diesmal eine kleine, aber exklusive Expertenrunde zusammengefunden, Expertinnen waren diesmal keine dabei, diese mieden dieses Entscheidungsspiel in der Nations League, offenbar bereits von dunklen Vorahnungen geplagt. Die Stimmung war gut, es wurde gescherzt und gelacht, der Teamchef wurde vertraulich-liebevoll mit Ralfi adressiert. Eine größere Ehre kann im Übrigen einem deutschen Gastarbeiter im Ösi-Fußballland gar nicht widerfahren. „Der Ralfi wird’s schon richten!“, war der Grundtenor der Expertenrunde. Der Ralfi hat’s dann am Ende nicht gerichtet, aber dafür konnte er auch nichts!
Das Spiel begann so, wie wir es noch vom Hinspiel am Donnerstag in Erinnerung hatten. Die Österreicher spielten munter nach vorne und hatten auch auswärts die Partie zu jeder Zeit im Griff. Allein, die Chancen, die man in Wien so großzügig vergeben hatte, wurden diesmal erst gar nicht erarbeitet – offenbar um dem Vorwurf der mangelnden Chancenauswertung zuvor zu kommen. Trotzdem hätten die Österreicher zur Halbzeit führen können, sie waren die gefährlichere Mannschaft. Die Serben schossen nur einmal Richtung Tor, der letzte richtige Torschuss aufs Tor war ihnen in Wien gelungen und der lag bereits vier Tage zurück.
Das blieb auch so bis zur 56. Minute, dann aber begann aus heiterem Himmel eine Zirkusgalavorstellung des österreichischen Nationalteams. Torhüter Schlager spielte bei einem Abstoß einen Scheißpass zu Seiwald, der in Bedrängnis den Ball wieder zurückspielen musste. Schlager lenkte beim Versuch zu stoppen die Kugel an die eigene Stange und Maksimovic brauchte den zurückprallenden Ball nur noch abzustauben. Unserer Expertenrunde stand der Mund offen, ob dieser gewaltigen fußballerischen Selbstverstümmelung. Die nächsten zehn Minuten war das österreichische Team so verdattert, dass wir nur mit Glück dieses 0:1 halten konnten. Dann folgte die nächste herausragende Intelligenzleistung eines österreichischen Spielers. Gernot Trauner, anstatt den Stürmer aus dem Gefahrenbereich hinauszudrängen, was durchaus möglich gewesen wäre, säbelte den kurz vor dem Sechzehnereck einfach um und sah völlig zurecht die Rote Karte.
Komischerweise brachte dieser zweite Lapsus die Lebensgeister wieder ins Team zurück und es wurden durchaus brauchbare Chancen zum Ausgleich erarbeitet. Das 2:0 in der 91. Minute, als die Österreicher alles nach vorne warfen, war dann auch schon wurscht!
Fazit Nummer 1: Österreich ist nicht imstande Entscheidungsspiele zu gewinnen. Mein persönliches Trauma in dieser Richtung begann bereits 1973, als wir das Entscheidungsspiel gegen Schweden um die WM-Qualifikation 74 in Deutschland vergeigten. In jüngster Vergangenheit das Achtelfinal-Aus bei der EURO 2020 gegen Italien, das ungeheuerlich bittere Achtelfinal-Aus gegen die Türken bei der EURO 2024 und für eine WM haben wir uns seit 1998 nicht mehr qualifiziert.
Fazit Nummer 2: Es muss erlaubt sein den Torhüter zu hinterfragen. Man weiß seit Jahren das Schlager immer für einen fürchterlichen Fehler im Spiel gut ist. Auf einem Niveau, wo – wie immer wieder daherzitiert wird – Kleinigkeiten ausschlaggebend sind, kann ich keinen gebrauchen, der regelmäßig riesige Böcke schießt. Basta!
Fazit Nummer 3: Österreich ist nicht in der Lage, verletzte Schlüsselspieler, vor allem in der Offensive adäquat zu ersetzen. In der Startaufstellung fehlten nicht weniger als neun potenzielle Stammspieler. Während wir in der Lage sind das Fehlen von Alaba und Danso in der Abwehr halbwegs auszugleichen (wenn nicht gerade Trauner einen unkontrollierten Ausraster hat), ist es nicht möglich ohne Arnautovic (1. Halbzeit), Baumgartner und Sabitzer den nötigen Druck auf das gegnerische Tor zu entwickeln.
Dabei ist unser Team tatsächlich in der Lage tollen Fußball zu spielen, gegen Serbien haben wir in beiden Spielen 170 von 180 Minuten dominiert. Trotzdem stehen wir mit leeren Händen da. Ich warne hier offiziell davor, die vermeintlich leichte WM-Qualifikationsgruppe zu unterschätzen. Jede Mannschaft in Europa ist in der Lage sich 90 Minuten am eigenen Strafraum zu verbarrikadieren und mit einem einzigen Angriff ein Glückstor zu erzielen.