Das zweite Spiel in der Nations League stellte für unsere Frauen-Nationalmannschaft bereits eine riesige Herausforderung dar. Gegen die deutschen Kickerinnen hatte man in fünf Begegnungen bisher fünfmal verloren. Seit gestern ist das halbe Dutzend voll. Die relativ deutliche 1:4-Niederlage spiegelt aber keineswegs den Spielverlauf wider, welcher für die Zukunft Mut macht.
Österreich hatte mit dem 1:0-Auftaktsieg gegen Schottland ein gewisses Maß an neuem Selbstvertrauen getankt. Gegen Deutschland allerdings war man in den vergangenen Partien verschiedenen Ausprägungsformen der Niederlage ausgesetzt gewesen. Hatte man in der EM-Quali im Vorjahr nach 2:0-Führung noch knapp mit 2:3 verloren, fing man sich im Juli eine herbe 0:4-Klatsche ein. „Debakel oder Sensation?“ lautete daher die entscheidende Fanfrage im Vorfeld des Spiels.
Nun, schon 40 Sekunden nach Anpfiff holten die deutschen Gastgeberinnen den ersten Eckball heraus. Musste man sich auf ein 90-minütiges Furioso der doppelten Weltmeisterin und achtfachen Europameisterin Deutschland einstellen? Mitnichten! Bereits in der dritten Spielminute drehte Österreich den Spieß um. Nach einer bildhübschen Angriffskombination zwischen Purtscheller und Schasching setzte Letztere den Ball ebenso überlegt wie flach in die Maschen. Was danach folgte, versetzte die knapp 15.000 in Nürnberg, darunter der unverwüstliche deutsche Ex-Trainer Horst Hrubesch, vor allem aber die österreichischen Fans vor den Bildschirmen, in erkleckliches Staunen:
Noch viel deutlicher als im Spiel gegen Schottland zeigte sich die Handschrift unseres neuen Trainers Alexander Schriebl auf dem Felde. Auf Basis eines grundsoliden Pressings eroberten sich die Österreicherinnen mit beträchtlichem körperlichem Einsatz mehr und mehr Spielanteile. Die erste halbe Stunde gehörte ganz eindeutig dem rotweißroten Team. Nun, ein Spiel dauert aber drei halbe Stunden, und so kam es alsbald, wie es offensichtlich gegen Deutschland immer zu kommen hat: Aus heiterem Himmel gelang dem Heimteam nach einem Freistoß und nachfolgendem Gestocher im Strafraum noch vor der Pause der eigentlich unverdiente Ausgleich.
Dies war leider das befürchtete Drehmoment des Spiels. Nach Wiederanpfiff kamen die Deutschen deutlich besser ins Spiel. Dies war einerseits den geglückten Spielerinnentauschen geschuldet, anderseits wohl auch der schwindenden Kondition der aufopfernd agierenden Österreicherinnen. Die routinierte Einwechselspielerin Linda Dallmann vom FC Bayern München nutzte in Minute 55 eine der bis dahin sehr wenigen Unaufmerksamkeiten der österreichischen Abwehr und sorge für die Führung des gastgebenden Teams. Eine Viertelstunde später legte die Leipzigerin Giovanna Hoffmann nach. Damit war die Nürnberger Messe gelesen. Die Österreicherinnen konnten nicht mehr dagegenhalten. Das 4:1 durch Vivien Endemann besiegelte einen Endstand, der dem zeitweiligen Kräfteverhältnis in dieser Begegnung in keiner Weise gerecht wurde.
Dennoch kann man auf diesem Spiel aufbauen. Die erste Spielhälfte war wohl eine der besten, die Österreichs Frauenteam jemals absolviert hat. Die Fortschritte in der noch jungen Ära Schriebl sind deutlich erkennbar. Die kommenden zwei Spiele gegen die Niederlande Anfang April werden weitere wichtige Prüfsteine sein.