Das erste Nations League- Playoffspiel gegen Serbien erinnerte frappant an die letzte Begegnung im November gegen Slowenien: Trotz drückender Überlegenheit reichte es nur zu einem Heim-Remis. Österreichs Team macht zur Zeit leider nur halbe Sachen!

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Österreichs Fußballfans wissen, dass es mindestens vier Kategorien von Länderspielen gibt. Da sind einmal die spärlichen Begegnungen bei Finalturnieren von Welt- und Europameisterschaften, welche nationalen Hochämtern gleichzusetzen sind und deren Spielausgänge maßgeblich zum kollektiven Wohlbefinden der Gesellschaft, zum Grad des kulturellen Selbstbewusstseins und zum volkswirtschaftlichen Stabilitätsstatus beitragen. Etwas weiter darunter angesetzt sind die entsprechenden Qualifikationsspiele, welche aber die Nation ebenfalls tagelang nachhaltig beschäftigen. Relativ wurscht sind hingegen die sogenannten Freundschafts- und Vorbereitungsspiele, welche oft einem sportlichen Versuchslabor gleichen und deren Einzelergebnisse zu Recht nicht allzu hoch bewertet werden. Und dann gibt es noch die bemerkenswerte Spezies der „halbwichtigen“ Spiele, welche keineswegs irrelevant sind, aber wo Sieg oder Niederlage nicht an den Grundfesten der Fanidentität rütteln.
Ein schönes Beispiel für letztgenannte Untergattung war das Heimspiel gegen Serbien. In Hin- und Rückspiel binnen drei Tagen geht es ja um nicht weniger, aber auch um nicht mehr, als um Österreichs Verbleib in der sportlichen Elite der Nations-League. Das Publikum nahm das Spiel offensichtlich ernst, denn das Ernst Happel-Stadion war bis auf den letzten Platz gefüllt. Manche einheimische Fanherzen schlugen aufgrund der gesellschaftlichen Struktur unserer schönen Bundeshauptstadt freilich für die Gäste (und das ist gut so!)
Bei dieser ersten internationalen Begegnung des österreichischen Herren-Nationalteams gab es gab einige berühmte Abwesende: Der verletzte Marcel Sabitzer fehlte ebenso wie Milinkovic-Savic und der Rekordtorschütze Mitrovic auf der anderen Seite. Dafür gab es einen großen Anwesenden: Kapitän David Alaba konnte sich nach 16-monatiger Pause wieder das österreichische Trikot überziehen. Vorweg: Sein Comeback kann als geglücktes angesehen werden! Hinten agierte er phasenweise wie ein abgeklärter Real-Superstar, vorne sorgte er für nicht unerhebliche gestalterische Impulse. So ist Alaba tatsächlich wieder eine Verstärkung für Rotweißrot.
Jetzt zum Spiel: Österreichs sportliche Entwicklung in den letzten Jahren ließ es zu, den Gastgebern die Favoritenrolle zuzuschanzen. Und so agierten Rangnicks Mannen auch von Spielbeginn an. In den ersten 45 Minuten war die Überlegenheit drückend. Von der befürchteten beinharten Auseinandersetzung gegen die Serben war kaum etwas zu spüren. Im Gegenteil! In Minute 19 beispielsweise umtanzte Baumgartner die gegnerischen Verteidiger wie Eleven der Ballettabteilung des Serbischen Nationaltheater in Novi Sad und hätte beinahe schon für den Führungstreffer gesorgt. Dieser folgte dann in der 37. Spielminute, dank einer genialen Kombination von Flankengeber Alaba, dem per Kopf Assist stiftenden Arnautovic und dem in der deutschen Bundesliga wiedererstarkten Gregoritsch, der die schönste Aktion des Spiels mit einem prachtvollen Weitschuss erfolgreich abschloss. Nun machten sich die Fans auf einen großartigen Fußballabend gefasst. Sie sollten aber einigermaßen enttäuscht werden. Zwar gab es sehenswerte, teilweise sogar semiartistische Spielzüge, aber man verabsäumte es nachzulegen. Parallelen zum Spiel gegen Slowenien im vergangenen November, als man trotz Zaubershow nicht über ein Remis hinauskam, taten sich desto geisterhafterer auf, je länger das Spiel währte.
In der zweiten Spielhälfte kamen die Serben, ermuntert durch die schwindende österreichische Spieleffizienz, etwas besser ins Spiel. Dennoch kam der Ausgleichstreffer nach einer guten Stunde aus heiterem Himmel. Der in Bergamo tätige Samardzic eiferte Gregoritsch nach und bugsierte den Ball mit einem ebenso schönem Fernschuss ins österreichische Gehäuse.
Wie einige Monate zuvor, hatte sich Österreich trotz drückender Überlegenheit ein bitteres 1:1 eingehandelt. Zwar blieb das Heimteam weiter bemüht, Einwechselspieler wie Muhammed Cam brachten auch etwas neuen Schwung, doch bis auf einen gefährlichen Hechtkopfball von Arnautovic gegen Spielende kam nicht mehr viel Bemerkenswertes zustande.
Fazit: In diesem „halbwichtigen“ Spiel (siehe oben) agierte Österreich keineswegs halbherzig. Dennoch hat man nun zweimal hintereinander den Sack nicht zugemacht. Im Rückspiel haben die Serben nun die besseren Karten. Österreich wird nur erfolgreich sein, wenn die schönen rotweißroten Spielzüge effizienter und zweckbestimmter abgeschlossen werden.