Oidfodarisch und hosenscheißerisch

Trotz der Anspannung vor dem England Spiel, entfuhr mir doch ein leichter Schmunzler, als ich den ersten Blick in das neue EM-Studio des ORF werfen durfte: Die kreisrunden Länderemblems der beiden Kontrahenten England und Österreich – ein rotes Plus auf weißem Grund und ein weißes Minus auf rotem Grund – die an die Vorderseite des futuristischen, klobigen Moderationstisches projiziert wurden, erweckten den Eindruck, als würde das tapfere ORF-Triumvirat Pariasek, Prohaska und Mählich in einer riesigen Batterie sitzen. Allerdings verlieh diese aufgeladene Situation weder der Moderation noch dem Spiel der Österreicher zusätzliche Energie.
Machen wir es kurz: Man kann auswärts in England 1:0 verlieren, no problem. Aber leider haben wir nicht gegen England verloren, sondern gegen eine englische B-Elf, die Teamchef Southgate im Laufe des Spieles immer weiter zu einer C-Elf downgradete. Southgate ließ sogar immer mehr Spieler auflaufen, die er bereits aus dem EM-Kader gestrichen hatte. Ein letztes Zuckerl, quasi, für die Enttäuschten, die sich gegen Österreich vor ihrer Sommerpause noch einmal so richtig austoben durften. „Eine Frechheit! Eine Respektlosigkeit!“, jault nun der gestandene Patriot und Verschwörungstheoretiker auf. Dabei hat Southgate lediglich seinen Superstars, die noch kürzlich in beiden europäischen Cupfinali engagiert gewesen waren, eine verdiente Ruhepause vor einer kräfteraubenden Europameisterschaft verschafft. So what? Wenn Sie ihre kickerischen Informationen ausschließlich vom ORF beziehen, müssen Sie jetzt ganz stark sein. Wie der österreichische Fußball von der ORF-Schönrednerbande gesehen wird und wie er international bewertet wird, ich fürchte, da geht die Schere ganz schön auseinander. Lesen Sie Farnberger & Simon, nur hier erfahren Sie die nackte Wahrheit!
Dass das österreichische Team dann gegen die Reserve der englischen Reserve mit seinem oidfodarischen Fußball kein Tor erzielt hat, lag nicht mehr an der Stärke des Gegners, sondern wie so oft an der hosenscheißerischen Umsetzung von Großchancen: Sabitzer traf wenigstens noch die Latte, Schöpf aber aus sieben Metern nicht ins Tor, obwohl der Tormann neben ihm auf der Erde lag und Gregoritsch hielt 5 Meter vor dem Tor die falsche Kante seines Würfels hin, von dort sprang der Ball dann deutlich am Gehäuse vorbei. Ich fürchte, das wird auch nicht mehr besser, Kaltblütigkeit kann man nicht trainieren!
Trotzdem blicke ich optimistisch der EURO entgegen. Mit Nordmazedonien sind wir sicherlich auf Augenhöhe, gegen die Ukrainer können wir an einem guten Tag ein Unentschieden holen, gegen die Holländer müssen wir nicht. Vier Punkte reichen fürs Achtelfinale.
Sorgen macht mir nur eine Aussage von Co-Kommentator Helge Payer zu Beginn der zweiten Halbzeit (wer’s nachhören will), der sich aus unerfindlichen Gründen, gemeinsam mit dem angesprochenen Triumvirat im Studio, bereits 10 Tage vor der EURO auf dem Zenit seiner humoristischen Möglichkeiten wähnt. Ich glaube Humor-Topform hat er es genannt. Das lässt einiges erwarten und erfordert akribische Vorbereitung durch den gewissenhaften Fußballfan. Die drei Gs beim Stadionbesuch und die 3 Bs wenn man mit dem ORF zuhause allein gelassen wird: Baldrian, Bier und Branntwein! Und wahrscheinlich war es nur eine weitere gelungene Pointe, dass der Kommentator den Austragungsort des Spieles beständig und oft Middlsbruuuh genannt hat. Sorry, Boriskastnerjirka, diesen Ort habe ich auf der englischen Landkarte nicht gefunden.

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