„Kein Auftakt nach Maß für Österreichs Fußballer!“, titelte am Tag nach dem Nations League-Spiel in Slowenien wieder einmal eines der selbsternannten österreichischen Qualitätsblätter. Ja, was will man denn eigentlich. Das österreichische Nationalteam ist an dieser Stelle bereits oft und hart kritisiert worden, aber von so einem vordergründigen ballesterischen Populismus distanzieren wir uns.
Slowenien hat – wie wir – bei der letzten Europameisterschaft im Juli das Achtelfinale erreicht und ist dort erst im Elfmeterschießen ausgeschieden und hat ohne Niederlage (!) die Heimreise angetreten. Das ist auch bitter, nicht nur wenn man‘s gegen die Türken selber vergeigt. Slowenien hat daheim gespielt und wir haben als bessere Mannschaft ein hochverdientes 1:1 erreicht, dabei haben Teamchef Ralph Rangnick neun Stammkräfte gefehlt. Darüber hinaus hat Stürmerstar Šeško gegen das neu formierte Innenverteidigerduo Posch/Wöber aus dem Spiel keinen einzigen Stich gemacht. So what?
Klarer Elfer – traumhafter Ausgleich
Es ging wieder gut los. Wieder hatten die Österreicher direkt nach dem Anstoß einen überfallsartigen Trickspielzug einstudiert, Arnautovic kam auch prompt zum Abschluss, verzog aber knapp. In den folgenden Minuten zeigten die Österreicher wer der Herr im fremden Hause sein wollte und setzte die Gastgeber gehörig unter Druck. Aus der ersten ernsthaften Angriffssituation der Slowenen geriet Österreich jedoch in Rückstand. Mwene wurde bei einer unglücklichen Abwehrsituation am Oberarm getroffen, der VAR entschied auf Elfmeter, keine Diskussion. Šeško hatte seinen einzigen Auftritt und verwandelte trocken.
Dadurch war der Spielfaden der Unsrigen gerissen, man brauchte eine gute Viertelstunde, bis man sich wieder erfangen konnte. Dann aber wetzte Mwene seine Scharte aus und setzte mit einem genialen Zuspiel Laimer ein und der vollendete aus kurzer Distanz ins rechte Eck zum 1:1-Ausgleich. Anschließend spielten nur mehr die Österreicher, der Führungstreffer wollte aber nicht und nicht gelingen. Sein Scherflein trug auch der Unparteiische dazu bei, der bei vielen Entscheidungen nur ratloses Kopfschütteln der österreichischen Kicker hervorrief. „Der Schiedsrichter hat in der ersten Halbzeit alles gegen uns gepfiffen!“, konstatierte der sonst untadelig faire Sportsmann Ralph Rangnick nachher. Dass der slowenische UEFA-Boss Aleksander Čeferin im Stadion war und Schiedsrichter Petrescu dem hohen Herrn besonders gefallen wollte, ist der Ausgangspunkt einer wunderbaren Verschwörungstheorie, die in un erser Runde kurz diskutiert wurde. Ich bin der Meinung, dass Petrescu einfach ein schlechter Schiedsrichter ist, oder einen besonders unglücklichen Tag hatte, wahrscheinlich aber beides zusammen.
Siegestor wollte nicht fallen
In der zweiten Halbzeit neutralisierten sich die Teams auf hohem Niveau im Mittelfeld, wobei man aber immer das Gefühl hatte, wenn wer den Siegestreffer schafft, dann sind es die Österreicher. Allerdings ließ in der zweiten Hälfte die Attraktivität des Spiels doch deutlich nach. Das merkte man auch an unserer kleinen, aber feinen Fernsehrunde, die sich wahrscheinlich heuer zum letzten Mal im Oberen Waldviertel im Freien zu einem Länderspiel zusammengefunden hatte. Endlich friert einem auch wieder einmal ein wenig. Die Gesprächsthemen entfernten sich immer weiter vom eigentlichen Anlass und ich weiß jetzt genau was eine Pizzatorte ist, welche Vorzüge diverse Luxus-BMWs haben und ich erkenne jeden neu angekommenen Erdling in der kleinen Ortschaft am Geschrei, nachdem zahllose Handyvideos abgespielt worden waren. Was ich nicht weiß, ist, was das neue Kommentatorenduo Warmuth/Liendl gesagt hat, die konnten sich gegen meine Fernsehrunde nicht wirklich durchsetzen. Naja, man wird ihnen beim nächsten Mal ein kritisches Ohr leihen.
Alles in allem war es ein gelungener Auftritt der österreichischen Nationalmannschaft, bei der sicherlich noch Luft nach oben ist, aber auch noch ein hochkarätiges Spielerpotenzial im Hintergrund lauert und darauf brennt endlich wieder fit zu werden. Šeško hatte man im Griff, am Montag gilt es Haaland in den Griff zu kriegen. Wenn das gelingt, steht auch einem Erfolg in Norwegen nichts entgegen.