Nach dem schaurigen Auswärtsdebakel gegen Israel schien es undenkbar, dass die Talfahrt unseres Nationalteams noch tiefer hinabführen könnte. Doch nach dem neuerlichen Desaster gegen Schottland müssen wir auf eine der finstersten Woche in der rotweißroten Verbandsgeschichte zurückblicken. Konzeptlos, ideenlos, kopflos – da darf nicht einmal der VAR (Video Assistant Referee) als Ausrede herhalten. In Anlehnung an dieses unliebsame technische Entscheidungsmonstrum muss man in mehrere Richtungen hin bitter resümieren: das VARs!
Nicht nur mein Recherchehelfer und Ergänzungsautor Simon war nach dem Israel-Spiel am Ende seiner Fassung gewesen. Und dennoch kamen gestern zum WM-Qualifikationsheimspiel gegen Schottland unglaubliche 18.000 Fans, die sich anfangs sogar gut gelaunt und der Mannschaft gewogen zeigten. Sie glaubten wohl – so wie ich auf der Couch – dass sich die Foda-Elf rehabilitieren würde. Nach dem 3:0, spätestens aber nach dem 4:0, würde man den Haifa-Lapsus gnädig verzeihen, und dem noch im Frühsommer umjubelten Europameister-Beinahe-Besieger erneut huldigen.
Und tatsächlich begann es auch sehr erfrischend – allerdings nur ganze vier Minuten lang. Sehr schnell schlich sich danach bei unserer Mannschaft wieder der fatale Mix aus stümperhafter Chancenfinalisierung und haarsträubenden Abwehrfehlern ein. Prompt fingen wir uns auch relativ früh den bereits spielentscheidenden Elfer ein. Erneut fiel die VAR-Entscheidung, so wie auch bei einer strittigen Strafraumaktion auf der anderen Seite – zu unseren Ungunsten aus. Mit Fug und Recht kann man behaupten, dass Österreich spätestens seit gestern einen historischen Rekord innehält, der nie wieder zu toppen sein wird. Alle bisherigen 12 oder 14 VAR-Entscheidungen (eine genaue Analyse würde sich lohnen) fielen zu unseren Ungunsten aus.
Konnte man sich die Leistung der ersten Spielhälfte angesichts des vermuteten VAR-Pechs vielleicht noch einigermaßen schönreden, so musste man nach der Pause alle Kraft der mentalen Selbststabilisierung aufbieten, um nicht in einen Dauer-Weinkrampf zu verfallen. Stereotypes, hirnverbranntes Alibi-Alaba-Gekicke, serienweise harmlose Flanken auf den Schopf des baumlangen Schotten und schoßhündchenhafte Zaghaftigkeit vermeintlicher junger Barcelona-Kaderspieler führten zu absoluter Ratlosigkeit auf beiden Seiten der Outlinie. Franco, das VARs (VARscheinlich)!
Spieler wie Trainer fanden nach Spielende wieder einmal keine Erklärung für das Desaster. Ich habe vielleicht schon eine solche, wenn man als Beispiel des so oft beschworenen ÖFB-Teamgeists ausgerechnet jemand nimmt, der gar nicht anwesend war: Marcel Sabitzer, Neo-Bayer, musste verletzungsbedingt alle drei wichtigen Teamspiele auslassen. Just in dem Moment, in dem der besorgte Fan dem lädierten Star schon Blumen ins Krankenhaus liefern wollte, wurde ein Youtube-Video publik, das eine blauweiße Wunderheilung präsentierte: Der verletzte Sabitzer schlug – im Stile eines atombatteriebetriebenen Duracell-Häschens – akrobatische Haken, übte sich in gummimenschenhaften Verrenkungen und präsentierte sich im Trainingsraum des FC Bayern in einer körperlichen Verfassung, um die ihn jeder einzelne ÖFB-Kicker im Ernst-Happel-Stadion beneiden musste. Soviel zum Spirit, der in unseren Reihen herrscht. Aber das ist eigentlich schon wieder eine andere Geschichte…